Longevity
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2.2.2025

Langlebigkeit im Fokus: Die besten Strategien für ein gesundes, langes Leben

Ein Interview mit dem Autor von "Der Longevity-Kompass"

Old compass

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Langlebigkeit ist längst mehr als ein Trend - sie ist zu einem zentralen Thema unserer Zeit geworden. In ihrem Buch Der Longevity Kompass beleuchten Dr. Gerd Wirtz und Prof. Dr. Volker Limmroth die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum gesunden Altern und geben praktische Empfehlungen für ein längeres, vitales Leben.

In diesem Interview spricht der Experte für medizinsche Innovationen, Longevity und Digital Health, Dr. Gerd Wirtz, über die Kernbotschaften des Buches, überraschende Erkenntnisse aus der Longevity-Forschung und wie jeder Einzelne seinen persönlichen Longevity-Weg gestalten kann.

Was hat Sie persönlich dazu inspiriert, dieses Buch zu schreiben, und warum halten Sie das Thema Langlebigkeit gerade jetzt für so wichtig?

Die Innovationsgeschwindigkeit in der medizinischen Forschung war in den letzten zehn Jahren so hoch wie in den hundert Jahren davor. Heute können wir mit digitalen Technologien, moderner Medizin und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen immer besser verstehen, wie wir gesünder alt werden können. Aber trotz der Fortschritte liegt unsere durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland bei etwa 80 Jahren. Dabei wissen wir, dass Menschen bis zu 120 Jahre alt werden können. Diese Lücke von 40 Jahren sollten wir schnell schließen.

Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse für ein langes und gesundes Leben in unserer modernen Gesellschaft?

Eines der Hauptprobleme ist, dass wir uns oft erst um unsere Gesundheit kümmern, wenn etwas nicht stimmt. Unsere Medizin ist derzeit oft reaktiv – ein Reparaturbetrieb. Wir behandeln Krankheiten, wenn sie auftreten, anstatt sie frühzeitig zu verhindern.

„Viele chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Diabetes könnten vermieden werden, wenn wir früher aktiv würden.“

Zudem nutzen weniger als die Hälfte der Deutschen regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen. Es fehlt an Aufklärung und einem bewussten Umgang mit Prävention. Ein weiteres Hindernis ist unser Lebensstil. Viele Menschen ernähren sich ungesund, bewegen sich zu wenig, schlafen schlecht und stehen unter Dauerstress. Diese These untermauert eine aktuelle Studie der DKV-Studie in Zusammenarbeit mit der Deutschensporthochschule. Die Ergebnisse zeigen, dass weniger als 20 % der Studienteilnehmer die Kriterien für ein „gesundes“ Leben erfüllen.

Die "12 Ebenen des Alterns" beschreiben die biologischen Mechanismen der Alterung. Welche dieser Ebenen halten Sie für die relevantesten für die Prävention von Alterserkrankungen?

Traditionell betrachten wir Alterungsprozesse auf Organebene – etwa ein schwaches Herz oder schmerzende Gelenke. Doch das Altern beginnt viel früher, auf zellulärer Ebene.

Besonders wichtig finde ich drei Mechanismen, die wir gut beeinflussen können:

  • Chronische Entzündungen: Viele Krankheiten entstehen durch dauerhafte, unterschwellige Entzündungen im Körper. Diese lassen sich durch eine entzündungshemmende Ernährung, ausreichend Bewegung und weniger Stress verringern.
  • Mitochondrien-Funktion: Unsere Zellen brauchen Energie, die von den sogenannten Mitochondrien produziert wird. Mit dem Alter werden diese weniger effizient. Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Fasten können helfen, die Mitochondrien zu stärken.
  • Autophagie: Das ist wie die „Müllabfuhr“ unseres Körpers – geschädigte Zellbestandteile werden abgebaut und recycelt. Dieser Prozess kann durch Fasten oder kalorienreduzierte Phasen angeregt werden.

Wie bewerten Sie die Bedeutung der Ernährung als Säule der Langlebigkeit, und welche allgemeinen Empfehlungen geben Sie hierzu?

Ernährung spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit und unser Altern. Eine schlechte Ernährung kann chronische Krankheiten fördern, während eine gute Ernährung das Risiko für viele Krankheiten deutlich senkt. Meine wichtigsten Tipps:

  • Schlechte Fette meiden: Finger weg von Pommes und Fertiggerichten, stattdessen auf ungesättigte Fettsäuren aus Olivenöl, Rapsöl und Nüssen setzen.
  • Zucker reduzieren: Zucker steckt nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in Fruchtsäften. Wasser lässt sich leicht mit Zitrusfrüchten, Beeren oder Ingwer aromatisieren.
  • Nie zu 100% satt essen: Unser Gehirn signalisiert uns erst nach 15-20 Minuten, dass wir satt sind. Langsames Essen hilft, dieses Signal zu nutzen.
  • Verdauungspausen einlegen: Unser Körper kann sich wunderbar selbst regenerieren und reparieren. Das geht aber nur, wenn er nicht gerade mit Verdauung beschäftigt ist. Deshalb ist das 16:8 Intervallfasten so effektiv, um die Selbstheilungskräfte anzukurbeln. Wem das zu lang ist: Der Körper freut sich auch schon über 12 Fastenstunden.

Schlaf wird oft als unterschätzte Ressource für Langlebigkeit angesehen. Wie sollte Schlaf optimiert werden, um Alterungsprozesse zu verlangsamen?

Schlaf ist unglaublich wichtig, weil er dem Körper hilft, sich zu erholen und Reparaturprozesse durchzuführen. Während der Tiefschlaf- und REM-Phasen passiert besonders viel Gutes für unsere Gesundheit. Deshalb empfehlen wir auch das Tragen von Schlaftrackern, zumindest für ein paar Wochen, um objektiv zu beurteilen, wie es um unseren Schlaf steht. Dann können Sie gut ablesen ob insbesondere ihre Tiefschlafphase (10% der Schlafenszeit) und Ihre REM-Schlafphase (15-20% Ihrer Schlafenszeit) ausreichend lang waren.

Tipps für besseren Schlaf:

  • Regelmäßige Schlafenszeiten: Versuchen Sie, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und mindestens 7 Stunden zu schlafen.
  • Gute Schlafhygiene: Vermeiden Sie schweres Essen, Alkohol und Bildschirmzeit in den zwei Stunden vor dem Schlafengehen.
  • Entspannte Atmosphäre: Dunkelheit, Stille und eine angenehme Raumtemperatur fördern guten Schlaf.

Dr. Gerd Wirtz, Experte für medizinsche Innovationen, Longevity und Digital Health

Wie könnten genetische und epigenetische Tests Menschen dabei helfen, eine individuelle Langlebigkeitsstrategie zu entwickeln?

Genetische Tests zeigen das Risiko für Erbkrankheiten auf, können aber emotional belastend sein – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Epigenetische Tests hingegen messen das „biologische Alter“. Sie zeigen, wie unser Lebensstil unser biologisches Alter beeinflusst. Das ist besonders spannend, weil man hier konkret sehen kann, ob Veränderungen in Ernährung, Bewegung oder Stressmanagement tatsächlich helfen. Es wird messbar, wie gesund man lebt – und das kann sehr motivierend sein.

Welche Maßnahmen halten Sie für die effektivsten, um die Lücke zwischen Gesundheitsspanne und Lebensspanne zu schließen?

Die wichtigste Maßnahme ist, die Gesundheit in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen – und das so früh wie möglich. In meinem Buch beschreibe ich die

8 Säulen der Langlebigkeit, die alle miteinander verbunden sind: Ernährung, Bewegung, Schlaf, Stressmanagement, soziale Kontakte, Vorsorge, mentale Gesundheit und Lebenssinn. Je nach individueller Situation kann man gezielt an den Bereichen arbeiten, die noch Potenzial haben. Wichtig ist:

“Kleine Schritte reichen oft schon aus, um große Veränderungen zu bewirken.”

Deshalb haben wir unsere Handlungsvorschläge von SMART (einfach) bis ADVANCED (intensiv) abgestuft. So kann jeder individuell entscheiden, wie er seine Gesundheit optimieren möchte. Es geht darum, die Balance zu finden und die Schritte mit Freude anzugehen.

Die Blauen Zonen sind bekannt für die hohe Lebenserwartung ihrer Bewohner. Welche Erkenntnisse aus diesen Regionen könnten auf westliche Gesellschaften übertragen werden?

Die 5 blauen Zonen liegen in ganz verschiedenen Regionen der Erde. Die Lebensweisen der einzelnen Gebiete unterscheiden sich deutlich voneinander. Nun könnte man denken, dass die Menschen dort genetisch bevorzugt sind. Allerdings verlieren Auswanderer aus diesen Gegenden ihre Langlebigkeit.

Die Bewohner der Blauen Zonen – Regionen mit besonders hoher Lebenserwartung – haben vier Gemeinsamkeiten:

  • Sie bewegen sich viel und auf natürliche Weise, z. B. durch Gartenarbeit oder Spaziergänge.
  • Sie essen frische, regionale Lebensmittel und bevorzugen pflanzliche Kost.
  • Gemeinschaft hat einen hohen Stellenwert – sie sind sozial sehr aktiv und unterstützen sich gegenseitig.
  • Sie haben eine Aufgabe im Leben, die ihnen Sinn gibt, wie Familienzusammenhalt oder ehrenamtliche Tätigkeiten.

Diese Erkenntnisse sind universell und könnten auch in westlichen Gesellschaften mehr Gewicht bekommen.

Welchen Einfluss haben soziale Kontakte und Gemeinschaft auf die Langlebigkeit, und wie können Menschen gezielt daran arbeiten?

Einsamkeit ist ein großes Thema, vor allem in der heutigen Zeit, in der wir immer mehr alleine sind. In vielen westlichen Ländern, auch in Deutschland, führt Einsamkeit zu Stress und kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder sogar Alzheimer erhöhen. Es ist also wirklich wichtig, soziale Kontakte zu pflegen.“Jeder sollte versuchen, regelmäßig Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen.” Aber auch wenn das nicht immer möglich ist, kann man sich Gruppen oder Aktivitäten suchen, die einem Spaß machen – zum Beispiel Sportvereine, Koch- oder Lesegruppen. Auch Haustiere helfen, sich weniger einsam zu fühlen.

Jede Begegnung in der Gemeinschaft beschert uns einen wahren Cocktail an wohltuenden Hormonen.

Nur 20 Sekunden Umarmung schüttet das Bindungshormon Oxytocin, gemeinsame Erlebnisse, Spass oder Tanzen schütten das Glückshormon Endorphin aus und gegenseitiges Loben beschert uns eine Flut an dem Belohnungshormon Dopamin.

Glauben Sie, dass die Forschung in den nächsten Jahrzehnten das maximale biologische Alter des Menschen erhöhen kann, und wie könnte dies das gesellschaftliche Leben beeinflussen?

Die Forschung und Technologie schreiten unglaublich schnell voran, und es gibt gute Gründe zu glauben, dass wir die maximale Lebenserwartung in den nächsten Jahrzehnten deutlich verlängern können. Neue Technologien wie Wearables oder Gesundheits-Apps helfen uns schon jetzt dabei, unseren Lebensstil besser zu überwachen und gesündere Entscheidungen zu treffen – etwa indem sie uns auf eine zu hohe Herzfrequenz oder schlechten Schlaf hinweisen.

Klinische Studien wie die TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin) könnten uns bald neue Wege zeigen, wie wir das Altern verlangsamen können. Derzeit sind zahlreiche Medikamente in der Entwicklung, die die Zellalterung verlangsamen oder sogar rückgängig machen können. Das könnte zum Beispiel dabei helfen, schwerwiegende Alterserkrankungen wie Alzheimer, Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu behandeln oder sogar zu verhindern.

Auch die personalisierte Medizin macht enorme Fortschritte. Mit Hilfe von Big Data und Künstlicher Intelligenz können Behandlungspläne individuell auf den jeweiligen Menschen abgestimmt werden. Das bedeutet, dass wir Krankheiten früher erkennen und gezielt behandeln können.

Trotz all dieser wissenschaftlichen Fortschritte bleibt die Herausforderung, Menschen zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren. Studien zeigen, dass Hundertjährige oft nur kurze Krankheitsphasen erleben und noch lange produktiv bleiben. Das würde nicht nur unser Gesundheitssystem entlasten, sondern auch das Potenzial der älteren Generation besser nutzen.

“Wir stehen vor einer aufregenden Zukunft, in der wir deutlich mehr gesunde Lebensjahre haben könnten.”

Es ist wichtig, dass diese Fortschritte für alle zugänglich sind und nicht nur einzelne Gruppen davon profitieren. Eine Gesellschaft, in der jeder von den neuen Möglichkeiten profitieren kann, wäre ein großer Schritt nach vorne.

Die Verlängerung unserer gesunden Lebensspanne wird das zentrale Forschungsthema der nächsten Jahrzehnte– eine aufregende Perspektive!

Weiterführende Links: Dr. Gerd Wirtz, Der Longevity-Kompass.

Referenzen

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Langlebigkeit ist längst mehr als ein Trend - sie ist zu einem zentralen Thema unserer Zeit geworden. In ihrem Buch Der Longevity Kompass beleuchten Dr. Gerd Wirtz und Prof. Dr. Volker Limmroth die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum gesunden Altern und geben praktische Empfehlungen für ein längeres, vitales Leben.

In diesem Interview spricht der Experte für medizinsche Innovationen, Longevity und Digital Health, Dr. Gerd Wirtz, über die Kernbotschaften des Buches, überraschende Erkenntnisse aus der Longevity-Forschung und wie jeder Einzelne seinen persönlichen Longevity-Weg gestalten kann.

Was hat Sie persönlich dazu inspiriert, dieses Buch zu schreiben, und warum halten Sie das Thema Langlebigkeit gerade jetzt für so wichtig?

Die Innovationsgeschwindigkeit in der medizinischen Forschung war in den letzten zehn Jahren so hoch wie in den hundert Jahren davor. Heute können wir mit digitalen Technologien, moderner Medizin und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen immer besser verstehen, wie wir gesünder alt werden können. Aber trotz der Fortschritte liegt unsere durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland bei etwa 80 Jahren. Dabei wissen wir, dass Menschen bis zu 120 Jahre alt werden können. Diese Lücke von 40 Jahren sollten wir schnell schließen.

Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse für ein langes und gesundes Leben in unserer modernen Gesellschaft?

Eines der Hauptprobleme ist, dass wir uns oft erst um unsere Gesundheit kümmern, wenn etwas nicht stimmt. Unsere Medizin ist derzeit oft reaktiv – ein Reparaturbetrieb. Wir behandeln Krankheiten, wenn sie auftreten, anstatt sie frühzeitig zu verhindern.

„Viele chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Diabetes könnten vermieden werden, wenn wir früher aktiv würden.“

Zudem nutzen weniger als die Hälfte der Deutschen regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen. Es fehlt an Aufklärung und einem bewussten Umgang mit Prävention. Ein weiteres Hindernis ist unser Lebensstil. Viele Menschen ernähren sich ungesund, bewegen sich zu wenig, schlafen schlecht und stehen unter Dauerstress. Diese These untermauert eine aktuelle Studie der DKV-Studie in Zusammenarbeit mit der Deutschensporthochschule. Die Ergebnisse zeigen, dass weniger als 20 % der Studienteilnehmer die Kriterien für ein „gesundes“ Leben erfüllen.

Die "12 Ebenen des Alterns" beschreiben die biologischen Mechanismen der Alterung. Welche dieser Ebenen halten Sie für die relevantesten für die Prävention von Alterserkrankungen?

Traditionell betrachten wir Alterungsprozesse auf Organebene – etwa ein schwaches Herz oder schmerzende Gelenke. Doch das Altern beginnt viel früher, auf zellulärer Ebene.

Besonders wichtig finde ich drei Mechanismen, die wir gut beeinflussen können:

  • Chronische Entzündungen: Viele Krankheiten entstehen durch dauerhafte, unterschwellige Entzündungen im Körper. Diese lassen sich durch eine entzündungshemmende Ernährung, ausreichend Bewegung und weniger Stress verringern.
  • Mitochondrien-Funktion: Unsere Zellen brauchen Energie, die von den sogenannten Mitochondrien produziert wird. Mit dem Alter werden diese weniger effizient. Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Fasten können helfen, die Mitochondrien zu stärken.
  • Autophagie: Das ist wie die „Müllabfuhr“ unseres Körpers – geschädigte Zellbestandteile werden abgebaut und recycelt. Dieser Prozess kann durch Fasten oder kalorienreduzierte Phasen angeregt werden.

Wie bewerten Sie die Bedeutung der Ernährung als Säule der Langlebigkeit, und welche allgemeinen Empfehlungen geben Sie hierzu?

Ernährung spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit und unser Altern. Eine schlechte Ernährung kann chronische Krankheiten fördern, während eine gute Ernährung das Risiko für viele Krankheiten deutlich senkt. Meine wichtigsten Tipps:

  • Schlechte Fette meiden: Finger weg von Pommes und Fertiggerichten, stattdessen auf ungesättigte Fettsäuren aus Olivenöl, Rapsöl und Nüssen setzen.
  • Zucker reduzieren: Zucker steckt nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in Fruchtsäften. Wasser lässt sich leicht mit Zitrusfrüchten, Beeren oder Ingwer aromatisieren.
  • Nie zu 100% satt essen: Unser Gehirn signalisiert uns erst nach 15-20 Minuten, dass wir satt sind. Langsames Essen hilft, dieses Signal zu nutzen.
  • Verdauungspausen einlegen: Unser Körper kann sich wunderbar selbst regenerieren und reparieren. Das geht aber nur, wenn er nicht gerade mit Verdauung beschäftigt ist. Deshalb ist das 16:8 Intervallfasten so effektiv, um die Selbstheilungskräfte anzukurbeln. Wem das zu lang ist: Der Körper freut sich auch schon über 12 Fastenstunden.

Schlaf wird oft als unterschätzte Ressource für Langlebigkeit angesehen. Wie sollte Schlaf optimiert werden, um Alterungsprozesse zu verlangsamen?

Schlaf ist unglaublich wichtig, weil er dem Körper hilft, sich zu erholen und Reparaturprozesse durchzuführen. Während der Tiefschlaf- und REM-Phasen passiert besonders viel Gutes für unsere Gesundheit. Deshalb empfehlen wir auch das Tragen von Schlaftrackern, zumindest für ein paar Wochen, um objektiv zu beurteilen, wie es um unseren Schlaf steht. Dann können Sie gut ablesen ob insbesondere ihre Tiefschlafphase (10% der Schlafenszeit) und Ihre REM-Schlafphase (15-20% Ihrer Schlafenszeit) ausreichend lang waren.

Tipps für besseren Schlaf:

  • Regelmäßige Schlafenszeiten: Versuchen Sie, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und mindestens 7 Stunden zu schlafen.
  • Gute Schlafhygiene: Vermeiden Sie schweres Essen, Alkohol und Bildschirmzeit in den zwei Stunden vor dem Schlafengehen.
  • Entspannte Atmosphäre: Dunkelheit, Stille und eine angenehme Raumtemperatur fördern guten Schlaf.

Dr. Gerd Wirtz, Experte für medizinsche Innovationen, Longevity und Digital Health

Wie könnten genetische und epigenetische Tests Menschen dabei helfen, eine individuelle Langlebigkeitsstrategie zu entwickeln?

Genetische Tests zeigen das Risiko für Erbkrankheiten auf, können aber emotional belastend sein – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Epigenetische Tests hingegen messen das „biologische Alter“. Sie zeigen, wie unser Lebensstil unser biologisches Alter beeinflusst. Das ist besonders spannend, weil man hier konkret sehen kann, ob Veränderungen in Ernährung, Bewegung oder Stressmanagement tatsächlich helfen. Es wird messbar, wie gesund man lebt – und das kann sehr motivierend sein.

Welche Maßnahmen halten Sie für die effektivsten, um die Lücke zwischen Gesundheitsspanne und Lebensspanne zu schließen?

Die wichtigste Maßnahme ist, die Gesundheit in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen – und das so früh wie möglich. In meinem Buch beschreibe ich die

8 Säulen der Langlebigkeit, die alle miteinander verbunden sind: Ernährung, Bewegung, Schlaf, Stressmanagement, soziale Kontakte, Vorsorge, mentale Gesundheit und Lebenssinn. Je nach individueller Situation kann man gezielt an den Bereichen arbeiten, die noch Potenzial haben. Wichtig ist:

“Kleine Schritte reichen oft schon aus, um große Veränderungen zu bewirken.”

Deshalb haben wir unsere Handlungsvorschläge von SMART (einfach) bis ADVANCED (intensiv) abgestuft. So kann jeder individuell entscheiden, wie er seine Gesundheit optimieren möchte. Es geht darum, die Balance zu finden und die Schritte mit Freude anzugehen.

Die Blauen Zonen sind bekannt für die hohe Lebenserwartung ihrer Bewohner. Welche Erkenntnisse aus diesen Regionen könnten auf westliche Gesellschaften übertragen werden?

Die 5 blauen Zonen liegen in ganz verschiedenen Regionen der Erde. Die Lebensweisen der einzelnen Gebiete unterscheiden sich deutlich voneinander. Nun könnte man denken, dass die Menschen dort genetisch bevorzugt sind. Allerdings verlieren Auswanderer aus diesen Gegenden ihre Langlebigkeit.

Die Bewohner der Blauen Zonen – Regionen mit besonders hoher Lebenserwartung – haben vier Gemeinsamkeiten:

  • Sie bewegen sich viel und auf natürliche Weise, z. B. durch Gartenarbeit oder Spaziergänge.
  • Sie essen frische, regionale Lebensmittel und bevorzugen pflanzliche Kost.
  • Gemeinschaft hat einen hohen Stellenwert – sie sind sozial sehr aktiv und unterstützen sich gegenseitig.
  • Sie haben eine Aufgabe im Leben, die ihnen Sinn gibt, wie Familienzusammenhalt oder ehrenamtliche Tätigkeiten.

Diese Erkenntnisse sind universell und könnten auch in westlichen Gesellschaften mehr Gewicht bekommen.

Welchen Einfluss haben soziale Kontakte und Gemeinschaft auf die Langlebigkeit, und wie können Menschen gezielt daran arbeiten?

Einsamkeit ist ein großes Thema, vor allem in der heutigen Zeit, in der wir immer mehr alleine sind. In vielen westlichen Ländern, auch in Deutschland, führt Einsamkeit zu Stress und kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder sogar Alzheimer erhöhen. Es ist also wirklich wichtig, soziale Kontakte zu pflegen.“Jeder sollte versuchen, regelmäßig Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen.” Aber auch wenn das nicht immer möglich ist, kann man sich Gruppen oder Aktivitäten suchen, die einem Spaß machen – zum Beispiel Sportvereine, Koch- oder Lesegruppen. Auch Haustiere helfen, sich weniger einsam zu fühlen.

Jede Begegnung in der Gemeinschaft beschert uns einen wahren Cocktail an wohltuenden Hormonen.

Nur 20 Sekunden Umarmung schüttet das Bindungshormon Oxytocin, gemeinsame Erlebnisse, Spass oder Tanzen schütten das Glückshormon Endorphin aus und gegenseitiges Loben beschert uns eine Flut an dem Belohnungshormon Dopamin.

Glauben Sie, dass die Forschung in den nächsten Jahrzehnten das maximale biologische Alter des Menschen erhöhen kann, und wie könnte dies das gesellschaftliche Leben beeinflussen?

Die Forschung und Technologie schreiten unglaublich schnell voran, und es gibt gute Gründe zu glauben, dass wir die maximale Lebenserwartung in den nächsten Jahrzehnten deutlich verlängern können. Neue Technologien wie Wearables oder Gesundheits-Apps helfen uns schon jetzt dabei, unseren Lebensstil besser zu überwachen und gesündere Entscheidungen zu treffen – etwa indem sie uns auf eine zu hohe Herzfrequenz oder schlechten Schlaf hinweisen.

Klinische Studien wie die TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin) könnten uns bald neue Wege zeigen, wie wir das Altern verlangsamen können. Derzeit sind zahlreiche Medikamente in der Entwicklung, die die Zellalterung verlangsamen oder sogar rückgängig machen können. Das könnte zum Beispiel dabei helfen, schwerwiegende Alterserkrankungen wie Alzheimer, Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu behandeln oder sogar zu verhindern.

Auch die personalisierte Medizin macht enorme Fortschritte. Mit Hilfe von Big Data und Künstlicher Intelligenz können Behandlungspläne individuell auf den jeweiligen Menschen abgestimmt werden. Das bedeutet, dass wir Krankheiten früher erkennen und gezielt behandeln können.

Trotz all dieser wissenschaftlichen Fortschritte bleibt die Herausforderung, Menschen zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren. Studien zeigen, dass Hundertjährige oft nur kurze Krankheitsphasen erleben und noch lange produktiv bleiben. Das würde nicht nur unser Gesundheitssystem entlasten, sondern auch das Potenzial der älteren Generation besser nutzen.

“Wir stehen vor einer aufregenden Zukunft, in der wir deutlich mehr gesunde Lebensjahre haben könnten.”

Es ist wichtig, dass diese Fortschritte für alle zugänglich sind und nicht nur einzelne Gruppen davon profitieren. Eine Gesellschaft, in der jeder von den neuen Möglichkeiten profitieren kann, wäre ein großer Schritt nach vorne.

Die Verlängerung unserer gesunden Lebensspanne wird das zentrale Forschungsthema der nächsten Jahrzehnte– eine aufregende Perspektive!

Weiterführende Links: Dr. Gerd Wirtz, Der Longevity-Kompass.

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Dr. Markus Kemper

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