Wie und warum altern wir?
Am Alterungsprozess sind viele Faktoren beteiligt, die viel früher beginnen als wir denken - lange bevor wir alt sind.
Chris Lawton
Der Schlüssel zur Kontrolle des Alterungsprozesses liegt in einem besseren Verständnis dessen, wie und warum wir so altern, wie wir es tun. Nur dann können wir Maßnahmen ergreifen, um diesen Prozess zu verlangsamen oder sogar umzukehren. Gerade in den letzten Jahren haben wir eine enorme Menge an neuen Informationen darüber gewonnen, wie unser Körper altert. Diese Erkenntnisse haben bereits zu dramatischen Fortschritten bei wirksamen Anti-Aging-Therapien geführt und es ist zu erwarten, dass in naher Zukunft weitere folgen werden.
Das Altern ist nicht nur eine Frage der mechanischen Abnutzung, der zellulären Erschöpfung, der Umweltgifte oder der genetischen Programmierung. Es ist nicht nur hormonell bedingt und wird auch nicht ausschließlich durch Schäden durch freie Radikale, Krankheitserreger oder strukturelle Veränderungen verursacht. Und doch spielen all diese Dinge eine Rolle.
Zelluläre "Programmierung"
Bis zu einem gewissen Grad ist der Rückgang von Funktion und Wohlbefinden, den wir mit zunehmendem Alter erleben, von der Natur programmiert. Die Zellen in unserem Körper vermehren sich ständig und ersetzen alte und beschädigte Zellen durch neue. Aber jede Zelle, auch die neu gebildeten, hat eine innere Uhr, die sich merkt, wie alt wir sind. Diese Uhr bestimmt, wie sich die Zelle verhält, wie schnell sie auf Nachrichten von anderen Zellen reagiert und welche Mengen an Hormonen, Enzymen und anderen zellulären Chemikalien produziert werden.
Biochemie
Da sich das Zellverhalten mit zunehmendem Alter verändert, haben die daraus resultierenden Veränderungen der Biochemie und der Hormonprofile eine Art Dominoeffekt im gesamten Körper. Der Stoffwechsel verlangsamt sich und es wird mehr Fett unter der Haut und um die Organe herum eingelagert. Der Körper baut Muskeln und Bindegewebe schneller ab, während seine Wiederaufbaukapazitäten nachlassen. Das Verdauungssystem ist weniger effizient bei der Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung. Die Entgiftungsfunktion von Zellen und Organen lässt nach. Die Nervenzellen im Gehirn schrumpfen und versteifen. Das Immunsystem wird weniger wachsam gegenüber eindringenden Mikroben oder mutierten Zellen.
Umwelteinflüsse
Die Auswirkungen der veränderten Biochemie auf die Organe und Gewebe werden durch Faktoren aus der äußeren Umgebung verstärkt. Jeden Tag wird unser Körper mit ultravioletter Strahlung bombardiert, von freien Radikalen angegriffen und einer Vielzahl von Bakterien und Keimen sowie natürlichen und künstlichen Giftstoffen ausgesetzt. All diese Faktoren wirken auf unser genetisches "Programm" ein und beschleunigen den Alterungsprozess.
Vererbung
Zusätzlich zu den Veränderungen, die beim Älterwerden programmiert sind, hat jeder von uns eine einzigartige Reihe von ererbten genetischen Einflüssen, die uns für bestimmte Krankheiten oder Zustände prädisponieren können und die beeinflussen, wie schnell oder langsam wir altern.
Lebensstil-Faktoren
Unsere täglichen Lebensgewohnheiten, z.B. wie viel Schlaf wir bekommen, wie viel Stress wir haben und was wir essen oder nicht essen, spielen ebenfalls eine große Rolle dabei, wie unser Körper mit den internen und externen Faktoren umgeht, die den Alterungsprozess vorantreiben.
Dieser kurze Überblick zeigt, dass das Altern ein sehr komplexer Prozess ist, an dem viele Faktoren beteiligt sind. Die Abbildung unten stellt dar, wie diese verschiedenen Faktoren miteinander interagieren und durch mehrere, sich überschneidende Ebenen fließen. Die typischen Symptome und Krankheiten des Alterns, die ganz unten im Diagramm zu sehen sind, sind in Wirklichkeit der Höhepunkt eines sehr langen Prozesses, der viel früher beginnt, lange bevor wir alt oder auch nur die mittleren Lebensjahre erreicht haben.
Die Alterung, die man im Spiegel sehen kann
Hier ist ein konkretes Beispiel für den Alterungsprozess, den wir im Spiegel beobachten können. Wenn wir älter werden, wird die glatte, straffe und faltenfreie Haut unserer Jugend allmählich schlaff und zunehmend faltig.
Wie jeder Alterungsprozess ist auch die Hautalterung das Ergebnis einer Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren. Mit zunehmendem Alter führen Veränderungen im Zellverhalten zu Veränderungen im Hormonhaushalt, die die Haut dünner werden lassen. Auch die Barrierefunktion der Haut, die Feuchtigkeit anzieht und in der Haut hält, lässt nach, sodass die Haut auch trockener wird.
Unter der Haut befindet sich eine flexible Stützstruktur, die aus Kollagenfasern besteht. Doch alternde Hautzellen produzieren mehr Kollagenase, ein Enzym, das Kollagen abbaut. Gleichzeitig reagieren die Zellen immer weniger auf Signale, die ihnen sagen, dass sie die Produktion von frischem Kollagen erhöhen sollen. Da die Haut das Kollagen schneller abbaut, als sie es ersetzt, beginnt die Kollagenschicht unter der Haut zu schrumpfen und zusammenzufallen, wodurch Linien und Falten entstehen.
Genetik oder doch Lebensstil?
All dies ist Teil des genetischen Programms des Alterns. Die Geschwindigkeit und der Zeitpunkt des individuellen Alterungsprogramms werden zum Teil durch die Vererbung bestimmt. Aber Umweltfaktoren verstärken diese genetisch bedingten Veränderungen der Hautfunktion noch erheblich. Die ultraviolette Strahlung der Sonne stimuliert zusätzlich die Produktion von Kollagenase, dem Kollagen-abbauenden Enzym. Außerdem werden dadurch in der Haut eine enorme Anzahl freier Radikale gebildet. Hier kommen Fragen der Lebensweise (Ernährung) ins Spiel. Wenn der Körper über ausreichende Reserven an Antioxidantien verfügt, werden übermäßige freie Radikale weitgehend neutralisiert. Ist die Ernährung jedoch schlecht und der Gehalt an Antioxidantien niedrig, können die freien Radikale die Zellmembranen der Haut schädigen und Pigmentveränderungen verursachen, die sich als Altersflecken oder dunkle Hautstellen an Händen und im Gesicht zeigen.
Natürlich wirkt sich die Alterung nicht nur auf das kosmetische Erscheinungsbild der Haut aus. Es beeinträchtigt auch ihre Gesundheit und Funktion. Viele Menschen verbringen in der Jugend beispielsweise viel Zeit in der Sonne. Und dennoch ist Hautkrebs bei jüngeren Menschen relativ selten, tritt aber mit zunehmendem Alter immer häufiger auf. Warum?
In jedem Alter können ultraviolette Strahlen und freie Radikale die DNA in den Hautzellen schädigen, sodass sie mutieren und eine anormale Replikation beginnen. Das ist der erste Schritt zur Entstehung von Hautkrebs. In einem jugendlichen, gesunden Körper werden diese mutierten Zellen jedoch vom Immunsystem zerstört, bevor sie ein Problem verursachen können. Mit zunehmendem Alter wird das Immunsystem durch hormonelle und zelluläre Veränderungen aber weniger wachsam. Infolgedessen ist es wahrscheinlicher, dass mutierte und bösartige Zellen überleben und sich weiter teilen und schließlich Krebsgeschwüre bilden.
Genetische, biochemische, umweltbedingte und lebensstilbedingte Faktoren wirken zusammen und verursachen die Veränderungen in Struktur und Funktion, die wir bei alternder Haut beobachten können. Dieselben Faktoren wirken sich auf jedes System, jedes Organ und jedes Gewebe in unserem Körper aus. Zusammen bewirken sie den Effekt, den wir als Alterung kennen.
Referenzen
Publiziert
22.7.2024
Kategorie
Longevity
Experte
Der Schlüssel zur Kontrolle des Alterungsprozesses liegt in einem besseren Verständnis dessen, wie und warum wir so altern, wie wir es tun. Nur dann können wir Maßnahmen ergreifen, um diesen Prozess zu verlangsamen oder sogar umzukehren. Gerade in den letzten Jahren haben wir eine enorme Menge an neuen Informationen darüber gewonnen, wie unser Körper altert. Diese Erkenntnisse haben bereits zu dramatischen Fortschritten bei wirksamen Anti-Aging-Therapien geführt und es ist zu erwarten, dass in naher Zukunft weitere folgen werden.
Das Altern ist nicht nur eine Frage der mechanischen Abnutzung, der zellulären Erschöpfung, der Umweltgifte oder der genetischen Programmierung. Es ist nicht nur hormonell bedingt und wird auch nicht ausschließlich durch Schäden durch freie Radikale, Krankheitserreger oder strukturelle Veränderungen verursacht. Und doch spielen all diese Dinge eine Rolle.
Zelluläre "Programmierung"
Bis zu einem gewissen Grad ist der Rückgang von Funktion und Wohlbefinden, den wir mit zunehmendem Alter erleben, von der Natur programmiert. Die Zellen in unserem Körper vermehren sich ständig und ersetzen alte und beschädigte Zellen durch neue. Aber jede Zelle, auch die neu gebildeten, hat eine innere Uhr, die sich merkt, wie alt wir sind. Diese Uhr bestimmt, wie sich die Zelle verhält, wie schnell sie auf Nachrichten von anderen Zellen reagiert und welche Mengen an Hormonen, Enzymen und anderen zellulären Chemikalien produziert werden.
Biochemie
Da sich das Zellverhalten mit zunehmendem Alter verändert, haben die daraus resultierenden Veränderungen der Biochemie und der Hormonprofile eine Art Dominoeffekt im gesamten Körper. Der Stoffwechsel verlangsamt sich und es wird mehr Fett unter der Haut und um die Organe herum eingelagert. Der Körper baut Muskeln und Bindegewebe schneller ab, während seine Wiederaufbaukapazitäten nachlassen. Das Verdauungssystem ist weniger effizient bei der Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung. Die Entgiftungsfunktion von Zellen und Organen lässt nach. Die Nervenzellen im Gehirn schrumpfen und versteifen. Das Immunsystem wird weniger wachsam gegenüber eindringenden Mikroben oder mutierten Zellen.
Umwelteinflüsse
Die Auswirkungen der veränderten Biochemie auf die Organe und Gewebe werden durch Faktoren aus der äußeren Umgebung verstärkt. Jeden Tag wird unser Körper mit ultravioletter Strahlung bombardiert, von freien Radikalen angegriffen und einer Vielzahl von Bakterien und Keimen sowie natürlichen und künstlichen Giftstoffen ausgesetzt. All diese Faktoren wirken auf unser genetisches "Programm" ein und beschleunigen den Alterungsprozess.
Vererbung
Zusätzlich zu den Veränderungen, die beim Älterwerden programmiert sind, hat jeder von uns eine einzigartige Reihe von ererbten genetischen Einflüssen, die uns für bestimmte Krankheiten oder Zustände prädisponieren können und die beeinflussen, wie schnell oder langsam wir altern.
Lebensstil-Faktoren
Unsere täglichen Lebensgewohnheiten, z.B. wie viel Schlaf wir bekommen, wie viel Stress wir haben und was wir essen oder nicht essen, spielen ebenfalls eine große Rolle dabei, wie unser Körper mit den internen und externen Faktoren umgeht, die den Alterungsprozess vorantreiben.
Dieser kurze Überblick zeigt, dass das Altern ein sehr komplexer Prozess ist, an dem viele Faktoren beteiligt sind. Die Abbildung unten stellt dar, wie diese verschiedenen Faktoren miteinander interagieren und durch mehrere, sich überschneidende Ebenen fließen. Die typischen Symptome und Krankheiten des Alterns, die ganz unten im Diagramm zu sehen sind, sind in Wirklichkeit der Höhepunkt eines sehr langen Prozesses, der viel früher beginnt, lange bevor wir alt oder auch nur die mittleren Lebensjahre erreicht haben.
Die Alterung, die man im Spiegel sehen kann
Hier ist ein konkretes Beispiel für den Alterungsprozess, den wir im Spiegel beobachten können. Wenn wir älter werden, wird die glatte, straffe und faltenfreie Haut unserer Jugend allmählich schlaff und zunehmend faltig.
Wie jeder Alterungsprozess ist auch die Hautalterung das Ergebnis einer Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren. Mit zunehmendem Alter führen Veränderungen im Zellverhalten zu Veränderungen im Hormonhaushalt, die die Haut dünner werden lassen. Auch die Barrierefunktion der Haut, die Feuchtigkeit anzieht und in der Haut hält, lässt nach, sodass die Haut auch trockener wird.
Unter der Haut befindet sich eine flexible Stützstruktur, die aus Kollagenfasern besteht. Doch alternde Hautzellen produzieren mehr Kollagenase, ein Enzym, das Kollagen abbaut. Gleichzeitig reagieren die Zellen immer weniger auf Signale, die ihnen sagen, dass sie die Produktion von frischem Kollagen erhöhen sollen. Da die Haut das Kollagen schneller abbaut, als sie es ersetzt, beginnt die Kollagenschicht unter der Haut zu schrumpfen und zusammenzufallen, wodurch Linien und Falten entstehen.
Genetik oder doch Lebensstil?
All dies ist Teil des genetischen Programms des Alterns. Die Geschwindigkeit und der Zeitpunkt des individuellen Alterungsprogramms werden zum Teil durch die Vererbung bestimmt. Aber Umweltfaktoren verstärken diese genetisch bedingten Veränderungen der Hautfunktion noch erheblich. Die ultraviolette Strahlung der Sonne stimuliert zusätzlich die Produktion von Kollagenase, dem Kollagen-abbauenden Enzym. Außerdem werden dadurch in der Haut eine enorme Anzahl freier Radikale gebildet. Hier kommen Fragen der Lebensweise (Ernährung) ins Spiel. Wenn der Körper über ausreichende Reserven an Antioxidantien verfügt, werden übermäßige freie Radikale weitgehend neutralisiert. Ist die Ernährung jedoch schlecht und der Gehalt an Antioxidantien niedrig, können die freien Radikale die Zellmembranen der Haut schädigen und Pigmentveränderungen verursachen, die sich als Altersflecken oder dunkle Hautstellen an Händen und im Gesicht zeigen.
Natürlich wirkt sich die Alterung nicht nur auf das kosmetische Erscheinungsbild der Haut aus. Es beeinträchtigt auch ihre Gesundheit und Funktion. Viele Menschen verbringen in der Jugend beispielsweise viel Zeit in der Sonne. Und dennoch ist Hautkrebs bei jüngeren Menschen relativ selten, tritt aber mit zunehmendem Alter immer häufiger auf. Warum?
In jedem Alter können ultraviolette Strahlen und freie Radikale die DNA in den Hautzellen schädigen, sodass sie mutieren und eine anormale Replikation beginnen. Das ist der erste Schritt zur Entstehung von Hautkrebs. In einem jugendlichen, gesunden Körper werden diese mutierten Zellen jedoch vom Immunsystem zerstört, bevor sie ein Problem verursachen können. Mit zunehmendem Alter wird das Immunsystem durch hormonelle und zelluläre Veränderungen aber weniger wachsam. Infolgedessen ist es wahrscheinlicher, dass mutierte und bösartige Zellen überleben und sich weiter teilen und schließlich Krebsgeschwüre bilden.
Genetische, biochemische, umweltbedingte und lebensstilbedingte Faktoren wirken zusammen und verursachen die Veränderungen in Struktur und Funktion, die wir bei alternder Haut beobachten können. Dieselben Faktoren wirken sich auf jedes System, jedes Organ und jedes Gewebe in unserem Körper aus. Zusammen bewirken sie den Effekt, den wir als Alterung kennen.