Hormontherapie in den Wechseljahren kann biologische Altern verlangsamen
Eine Studie zeigt, dass Frauen, die in der Perimenopause mit einer Hormontherapie beginnen, langsamer altern
Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass Frauen, die in der Perimenopause mit einer Hormontherapie anfangen, möglicherweise langsamer altern als Frauen, die keine Hormontherapie machen. Die Studie, an der 117.763 postmenopausalen Frauen teilnahmen, zeigt: Eine Hormontherapie kann den Alterungsprozess verlangsamen – vor allem für Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status. Die Studie belegt weiters: Eine Hormonbehandlung kann dabei helfen, einige der biologischen Auswirkungen des Alterns zu verringern und scheint besonders effektiv zu sein, wenn sie mit Ende 40 begonnen wird.
Hormontherapie und Alterung
Die Studie hat ergeben, dass 40,3% der Frauen, die irgendwann im Leben eine Hormontherapie gemacht haben, weniger schnell gealtert sind als Frauen, die keine Hormontherapie gemacht hatten. Der größte Nutzen zeigte sich bei Frauen, die mit 48,4 Jahren mit der Hormonbehandlung begonnen und diese über vier bis acht Jahre fortgesetzt hatten. Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund profitierten besonders – bei ihnen hat die Hormonbehandlung die Nachteile des Alterns ausgeglichen.
Interessanterweise ergab die Untersuchung, dass Frauen aus höheren Einkommensschichten insgesamt langsamer alterten, unabhängig davon, ob sie eine Hormonbehandlung erhalten hatten oder nicht. Das deutet darauf hin, dass eine Hormontherapie zwar für einige Frauen von großem Nutzen sein kann, dass aber auch Faktoren wie der soziale Status beim Alterungsprozess eine Rolle spielen.
Chronologisches Alter vs. phänotypisches Alter
Das phänotypische Altern beschreibt die sichtbaren und messbaren Veränderungen, die der Körper im Laufe des Lebens erfährt. Es umfasst äußere Merkmale wie Falten, graue Haare und Hautveränderungen, aber auch innere Prozesse wie die Abnahme der Muskelmasse, die Abnahme der Knochendichte und Veränderungen der Organfunktionen. Das phänotypische Altern wird durch eine Kombination von genetischen Faktoren, Umweltbedingungen und Lebensstil beeinflusst und äußert sich individuell unterschiedlich, z. B. durch Unterschiede in Gesundheit und Fitness zwischen gleichaltrigen Menschen.
Die Studie bewertete das Altern der Teilnehmer unter dem Gesichtspunkt der phänotypischen Alterung, da diese, so der Hauptautor der Studie, ein biologisches Maß ist, das das tatsächliche Alter des Körpers einer Person auf der Grundlage verschiedener Gesundheitsmerkmale widerspiegelt.
„Das chronologische Alter ist einfach die Anzahl der Jahre, die man lebt, aber das phänotypische Alter geht tiefer in die biologischen Marker, um zu messen, wie schnell man altert“.
Indem sie den Unterschied zwischen dem chronologischen und dem phänotypischen Alter einer Frau analysierten, konnten die Forscher den Einfluss der Hormonersatztherapie auf die Verlangsamung des biologischen Alterungsprozesses bestimmen.
Perimenopause - der beste Zeitpunkt für eine Hormontherapie
Die Studie unterstreicht, dass die Perimenopause - die Übergangszeit vor den Wechseljahren - der optimale Zeitpunkt für den Beginn einer Hormontherapie zu sein scheint. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Perimenopause als die Jahre vor dem Ende des Menstruationszyklus und der Erschöpfung der Eizellen. In dieser Phase beginnen die Hormonspiegel zu schwanken, was zu Symptomen wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen führt, die durch eine Hormonbehandlung gelindert werden können.
Die Studie deutet auch darauf hin, dass eine Hormonbehandlung in dieser Phase nicht nur die Symptome der Wechseljahre lindert, sondern auch den biologischen Alterungsprozess des Körpers verlangsamen kann.
Kontroverse um die Hormontherapie
Die Hormontherapie wird seit Jahrzehnten in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Erste Bedenken wurden Anfang der 1990er Jahre geäußert, als die Women's Health Initiative (WHI)-Studie darauf hinwies, dass die Hormonbehandlung bei Frauen nach der Menopause das Risiko für Demenz und Schlaganfall erhöhen könnte, ohne die erwarteten kardiovaskulären Vorteile zu bringen. Etwa zur gleichen Zeit legte die Nurses Health Study widersprüchliche Ergebnisse vor, die darauf hindeuteten, dass die Hormonersatztherapie das Demenzrisiko senken könnte.
In den letzten Jahren haben Experten die früheren Studien neu bewertet, und der Konsens hat sich verschoben. Eine wichtige Erkenntnis aus den Neubewertungen ist, dass der Zeitpunkt des Beginns der Hormontherapie eine entscheidende Rolle für deren Wirkung spielt. Die meisten Teilnehmerinnen der WHI-Studie waren über 62 Jahre alt, also in einem Alter, in dem viele keine Östrogenrezeptoren mehr haben und einige bereits Krankheiten wie Arteriosklerose entwickelt hatten. Im Gegensatz dazu scheint die Hormonbehandlung den größten Nutzen zu bringen, wenn sie früher, in der Perimenopause oder kurz danach, begonnen wird.
Auch wenn eine Hormontherapie insbesondere für ältere Frauen immer noch mit Risiken verbunden sein kann, bestätigen die Ergebnisse der Studie, dass der Beginn einer Hormontherapie in der Perimenopause nicht nur Wechseljahrsbeschwerden lindern, sondern auch den biologischen Alterungsprozess verlangsamen kann.
Die neuen Forschungsergebnisse unterstreichen, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für eine Hormontherapie ist. Bei Frauen, die sich der Menopause nähern, könnte der Beginn einer Hormonbehandlung in der Perimenopause dazu beitragen, die phänotypische Alterung zu verlangsamen, insbesondere bei Frauen aus niedrigeren sozioökonomischen Schichten, die ansonsten schneller altern würden. Frauen, die eine Hormontherapie in Erwägung ziehen, sollten sich jedoch von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin beraten lassen, um die potenziellen Vorteile und Risiken auf der Grundlage ihres individuellen Gesundheitsprofils und des geeigneten Zeitpunkts abzuwägen.
Diese Studie bringt neue Klarheit in die seit langem geführte Debatte über die Hormontherapie und bietet eine vielversprechende Perspektive, wie sie zu einem gesünderen Altern von Frauen beitragen kann.
Referenzen
Liu Y, Li C. Hormone Therapy and Biological Aging in Postmenopausal Women. JAMA Netw Open.2024;7(8):e2430839. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.30839
Publiziert
2.11.2024
Kategorie
Longevity
Experte
Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass Frauen, die in der Perimenopause mit einer Hormontherapie anfangen, möglicherweise langsamer altern als Frauen, die keine Hormontherapie machen. Die Studie, an der 117.763 postmenopausalen Frauen teilnahmen, zeigt: Eine Hormontherapie kann den Alterungsprozess verlangsamen – vor allem für Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status. Die Studie belegt weiters: Eine Hormonbehandlung kann dabei helfen, einige der biologischen Auswirkungen des Alterns zu verringern und scheint besonders effektiv zu sein, wenn sie mit Ende 40 begonnen wird.
Hormontherapie und Alterung
Die Studie hat ergeben, dass 40,3% der Frauen, die irgendwann im Leben eine Hormontherapie gemacht haben, weniger schnell gealtert sind als Frauen, die keine Hormontherapie gemacht hatten. Der größte Nutzen zeigte sich bei Frauen, die mit 48,4 Jahren mit der Hormonbehandlung begonnen und diese über vier bis acht Jahre fortgesetzt hatten. Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund profitierten besonders – bei ihnen hat die Hormonbehandlung die Nachteile des Alterns ausgeglichen.
Interessanterweise ergab die Untersuchung, dass Frauen aus höheren Einkommensschichten insgesamt langsamer alterten, unabhängig davon, ob sie eine Hormonbehandlung erhalten hatten oder nicht. Das deutet darauf hin, dass eine Hormontherapie zwar für einige Frauen von großem Nutzen sein kann, dass aber auch Faktoren wie der soziale Status beim Alterungsprozess eine Rolle spielen.
Chronologisches Alter vs. phänotypisches Alter
Das phänotypische Altern beschreibt die sichtbaren und messbaren Veränderungen, die der Körper im Laufe des Lebens erfährt. Es umfasst äußere Merkmale wie Falten, graue Haare und Hautveränderungen, aber auch innere Prozesse wie die Abnahme der Muskelmasse, die Abnahme der Knochendichte und Veränderungen der Organfunktionen. Das phänotypische Altern wird durch eine Kombination von genetischen Faktoren, Umweltbedingungen und Lebensstil beeinflusst und äußert sich individuell unterschiedlich, z. B. durch Unterschiede in Gesundheit und Fitness zwischen gleichaltrigen Menschen.
Die Studie bewertete das Altern der Teilnehmer unter dem Gesichtspunkt der phänotypischen Alterung, da diese, so der Hauptautor der Studie, ein biologisches Maß ist, das das tatsächliche Alter des Körpers einer Person auf der Grundlage verschiedener Gesundheitsmerkmale widerspiegelt.
„Das chronologische Alter ist einfach die Anzahl der Jahre, die man lebt, aber das phänotypische Alter geht tiefer in die biologischen Marker, um zu messen, wie schnell man altert“.
Indem sie den Unterschied zwischen dem chronologischen und dem phänotypischen Alter einer Frau analysierten, konnten die Forscher den Einfluss der Hormonersatztherapie auf die Verlangsamung des biologischen Alterungsprozesses bestimmen.
Perimenopause - der beste Zeitpunkt für eine Hormontherapie
Die Studie unterstreicht, dass die Perimenopause - die Übergangszeit vor den Wechseljahren - der optimale Zeitpunkt für den Beginn einer Hormontherapie zu sein scheint. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Perimenopause als die Jahre vor dem Ende des Menstruationszyklus und der Erschöpfung der Eizellen. In dieser Phase beginnen die Hormonspiegel zu schwanken, was zu Symptomen wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen führt, die durch eine Hormonbehandlung gelindert werden können.
Die Studie deutet auch darauf hin, dass eine Hormonbehandlung in dieser Phase nicht nur die Symptome der Wechseljahre lindert, sondern auch den biologischen Alterungsprozess des Körpers verlangsamen kann.
Kontroverse um die Hormontherapie
Die Hormontherapie wird seit Jahrzehnten in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Erste Bedenken wurden Anfang der 1990er Jahre geäußert, als die Women's Health Initiative (WHI)-Studie darauf hinwies, dass die Hormonbehandlung bei Frauen nach der Menopause das Risiko für Demenz und Schlaganfall erhöhen könnte, ohne die erwarteten kardiovaskulären Vorteile zu bringen. Etwa zur gleichen Zeit legte die Nurses Health Study widersprüchliche Ergebnisse vor, die darauf hindeuteten, dass die Hormonersatztherapie das Demenzrisiko senken könnte.
In den letzten Jahren haben Experten die früheren Studien neu bewertet, und der Konsens hat sich verschoben. Eine wichtige Erkenntnis aus den Neubewertungen ist, dass der Zeitpunkt des Beginns der Hormontherapie eine entscheidende Rolle für deren Wirkung spielt. Die meisten Teilnehmerinnen der WHI-Studie waren über 62 Jahre alt, also in einem Alter, in dem viele keine Östrogenrezeptoren mehr haben und einige bereits Krankheiten wie Arteriosklerose entwickelt hatten. Im Gegensatz dazu scheint die Hormonbehandlung den größten Nutzen zu bringen, wenn sie früher, in der Perimenopause oder kurz danach, begonnen wird.
Auch wenn eine Hormontherapie insbesondere für ältere Frauen immer noch mit Risiken verbunden sein kann, bestätigen die Ergebnisse der Studie, dass der Beginn einer Hormontherapie in der Perimenopause nicht nur Wechseljahrsbeschwerden lindern, sondern auch den biologischen Alterungsprozess verlangsamen kann.
Die neuen Forschungsergebnisse unterstreichen, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für eine Hormontherapie ist. Bei Frauen, die sich der Menopause nähern, könnte der Beginn einer Hormonbehandlung in der Perimenopause dazu beitragen, die phänotypische Alterung zu verlangsamen, insbesondere bei Frauen aus niedrigeren sozioökonomischen Schichten, die ansonsten schneller altern würden. Frauen, die eine Hormontherapie in Erwägung ziehen, sollten sich jedoch von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin beraten lassen, um die potenziellen Vorteile und Risiken auf der Grundlage ihres individuellen Gesundheitsprofils und des geeigneten Zeitpunkts abzuwägen.
Diese Studie bringt neue Klarheit in die seit langem geführte Debatte über die Hormontherapie und bietet eine vielversprechende Perspektive, wie sie zu einem gesünderen Altern von Frauen beitragen kann.
Experte
Referenzen
Liu Y, Li C. Hormone Therapy and Biological Aging in Postmenopausal Women. JAMA Netw Open.2024;7(8):e2430839. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.30839